Die leerstehende Baracke auf dem Gelände Torgauer Ecke Gotenstraße wird vorerst nicht abgerissen, sondern bleibt erst mal stehen - und der dort geplante Park wird darum herum gebaut. Das hat nach fast zwei Jahren Streit das Bezirksamt Tempelhof-Schöneberg mit unserer Kulturstadträtin Jutta Kaddatz (CDU) der rot-grün-dominierten BVV mitgeteilt.
Das Grundstück soll im Rahmen des Programms „Stadtumbau West“ in einen Grünzug verwandelt werden – doch die Mittel stehen nur noch bis Ende des Jahres zur Verfügung. Durch den ausgehandelten Zwischen-Kompromiss kann der Park nun weiter mit Fördergeldern realisiert werden, ohne dass dem Bezirk Kosten entstehen. Ausgenommen bleibt allerdings die Fläche, auf der das umstrittene Häuschen steht.
Weiter Streit um Gedenken an NS-Widerstandskämpfer Julius und Annedore Leber
An dem historischen Ort waren die NS-Widerstandskämpfer Julius und Annedore Leber aktiv. Um daran mit einem Denkzeichen zu erinnern, hatte das Bezirksamt 2012 einen Kunstwettbewerb ausgelobt – Jutta Kaddatz gehörte der Jury an. Der Siegerentwurf der Künstlerin Katharina Karrenberg sieht u.a. vor, von der Baracke nur die Grundmauern zu erhalten – das löste eine heftige öffentliche Debatte und parteipolitischen Streit aus.
Das Bezirksamt wollte daraufhin den Siegerentwurf überarbeiten lassen – dagegen empfahl die BVV, dass der Senat in Eigenregie einen Gedenkort entwickelt und dafür das seit Jahren ungenutzte Häuschen auf jeden Fall stehen lässt.
Inzwischen haben zwei Anfragen von mir an den Senat ergeben: Für die Baracke gibt es keinen Denkmalschutz, weil sie kaum noch die dafür erforderliche „authentische Bausubstanz“ aufweist. Außerdem will der Senat über einen möglichen neuen Wettbewerb für einen Gedenkort erst dann nachdenken, wenn der Siegerentwurf überarbeitet worden ist und selbst dann kein „konsensfähiges Ergebnis“ vorliegt. Eine Überarbeitung hält das Bezirksamt aber mittlerweile für sinnlos. Abriss oder Erhalt – die Antwort lässt also weiter auf sich warten.
Bauhistorischer Hintergrund
Die heutige Baracke an der Torgauer Straße 25 besteht laut einem Gutachten nur noch etwa zur Hälfte aus dem kleinen Haus, in dem Annedore Leber seit Anfang der 1950er Jahre die Kohlenhandlung ihres Mannes fortführte und ihren Mosaik-Verlag aufbaute. Denn nach ihrem Tod im Jahr 1968 wurde das Häuschen umgestaltet und erweitert.
Auf demselben Grundstück aber an anderer Stelle führte der SPD-Politiker Julius Leber ab Ende der 1930er Jahre nach seiner Entlassung aus KZ-Haft eine Kohlenhandlung. Sie wurde zum heimlichen Treffpunkt für Widerstandsgruppen. 1944 wurde Leber denunziert und später hingerichtet, seine Kohlenhandlung bei einem Bombenangriff zerstört.